Donnerstag, 22. März 2012
"Mir ist die gefährliche Freiheit lieber, als eine ruhige Knechtschaft" (J.J. Rousseau)
Es ist gerade einmal 14 Tage her, als wir hier im Rat bewiesen haben, dass wir wichtige Fragen abwägend, entschlossen und mit großem Respekt diskutieren und
entscheiden können. Ich erliege deshalb nicht der Versuchung, hier den Landtagswahlkampf zu beginnen. Heute steht Aachen im Mittelpunkt.
Handlungsfreiheit sichern
Bereits in den letzten Jahren haben wir uns gegen den drohenden Nothaushalt gestemmt. Die Bedrohung ist nicht geringer geworden. Unserem Verständnis von
"Verantwortung wahrnehmen" entspricht es, nicht aufzugeben und jede Chance zu nutzen. Die Entscheidung über den Haushaltsplan mag für Einige eine Pflicht empfundene Übung sein. Für die CDU ist es das aktive Ankämpfen gegen den drohenden Nothaushalt. Denn: Nothaushalt bedeutet, dass Aachen seine Handlungsfreiheit verliert. Mit dem französischen Aufklärer des 18. Jahrhunderts Jean-Jacques Rousseau könnte ich sagen: "Die Freiheit der Stadt liegt nicht darin, dass sie tun kann, was sie will, sondern dass sie nicht tun muss, was sie nicht will."
In Aachen haben wir ein enges Netz aus Bildung und Jugend, aus Sozialem, Sport und Kultur. Unsere Verantwortung ist es, die Stadt in diesem Kern zu sichern. Mit einem Nothaushalt müssten wir die Sicherung und die Entwicklung Aachens aus der
Hand geben. Mit einem Nothaushalt müssten wir unsere Verantwortung abgeben. Und genau deshalb ist es unsere Pflicht, alles zu tun um einen Nothaushalt zu
vermeiden!
Ich bin sicher, dass diese Auffassung von der Bevölkerung getragen wird. Dennoch höre und lese ich manchmal die Frage: " Wann wird denn mal richtig gespart?" Und doch schwingt in der Frage gleichzeitig schon die Empörung über eine mögliche positive Beantwortung mit. Doch vor dem Hintergrund des drohenden Nothaushaltes muss eines allen klar sein: Sparen ist kein Selbstzweck. In 13 Jahren der Konsolidierung haben sich die Möglichkeiten zum Sparen ohne schädliche Nebenwirkungen deutlich vermindert. Um es noch deutlicher zu sagen: Unser Ziel ist es nicht die Rendite der Stadt zu optimieren.
Unser Ziel ist eine solidarische Stadt, eine soziale Stadt, eine gerechte Stadt, und vor allem eine freie Stadt. Unser erster Maßstab ist deshalb immer die Frage: "Können wir das Aachener Netz aus Bildung und Jugend, aus Sozialem, Sport und Kultur schützen?"
"Ja" – das können wir. Unabhängig von der Diskussion zu einzelnen Punkten, geht es ums Große und Ganze oder mit den Worten von Jean-Jacques Rousseau:
"Mir ist die gefährliche Freiheit lieber, als eine ruhige Knechtschaft."
Aachen hilft heute kein "aber", sondern nur ein entschlossenes "Ja". Ein "Ja" zur Handlungsfreiheit der Stadt – unserer Stadt. Der vorliegende Haushalt macht das möglich. Deshalb ist der vorliegende Haushalt nicht nur zustimmungsfähig, sondern zustimmungspflichtig – für alle.
Kinder-Vorrang-Politik
In schweren Zeiten bedarf es Mut, Prioritäten zu setzen. CDU und Grüne haben diesen Mut und gehen entschlossen den Weg einer Kinder-Vorrang-Politik. Mit der Anhebung der Beitragsfreigrenze auf 25.000 € Jahreseinkommen, lernen zukünftig 46% der Aachener Kinder beitragsfrei.
- beitragsfrei in den Kindergärten,
- beitragsfrei in den offenen Ganztagsschulen,
- beitragsfrei bei der Tagespflege.
Das ist ausgewogen, sozial verträglich und finanzierbar. Mehr fordern ist leicht - mehr bezahlen nicht.
Bauen für Bildung
Unter der Verantwortung von Schwarz-Grün sind in den letzten zwei Jahren fast 20 Mio. € aus dem Konjunkturprogramm II in die Bildung geflossen. Empfänger waren 24 öffentliche Schulen, fünf private Schulen und acht Kindertagesstätten. Mit weiteren 15 Mio. € wird in den nächsten Jahren der Ausbau von U3-Plätzen verstärkt. Da finde ich es abwegig, wenn eine Fraktion das als "Beton statt Kinder" einstuft.
Wir bauen für die Bildung, damit Kinder in Aachen ein Fundament haben.
Vierte Gesamtschule
Weiteren Beton investieren wir gemeinsam in die vierte Gesamtschule. Die Haushaltsansätze sind angepasst – die Schule wird realisiert. Nicht mit einem
Notprogramm, sondern so, wie eine moderne Schule heute aufgebaut sein muss. Wir tragen damit zum Schulfrieden in Aachen bei und ermöglichen einer Vielzahl von Kindern eine schulische Bildung, die ihren Neigungen und den Elternwünschen entspricht. Das meinen wir, wenn wir vom Erhalt des Netzes aus Bildung und Jugend sprechen.
Campusbahn
Gerade in Zeiten leerer Kassen darf nicht Stillstand der Ratgeber der Entwicklung sein. Innovationen und Investitionen können der Startschuss für Verbesserungen in der Stadt sein. Zusammen mit der IHK und der RWTH hat die Stadt das Projekt Campusbahn entworfen. Die Verbindung von E-Mobilität mit regenerativer Energie und verkehrstechnisch intelligenten Lösungen findet in Land und Bund nachhaltigen Anklang. Die Frage, ob wir dieses Projekt zum Wohle der Stadt umsetzen können, hängt nicht nur von der Unterstützung von Land und Bund ab. Wesentlich wird die Frage sein, wie wir in Zeiten der leeren Kasse unseren städtischen Anteil an Investition und Betrieb dauerhaft und seriös finanzieren. Eine neue dauerhafte Belastung bedarf eines Ausgleichs. Eine dauerhafte Belastung ohne Ausgleich gefährdet den Erhalt des Netzes aus Bildung und Jugend, aus Sozialem, Sport und Kultur. Das Thema wird uns im dieses Jahr beschäftigen. Hier dürfen wir weder übereifrig
Voranschreiten, noch ängstliche Zurückhaltung üben. Wir müssen gut und gründlich abwägen und dafür bietet der jetzige Haushalt eine gute Basis.
Steuern
In diesem Jahr wird die Stadt einen Verlust von rd. 37 Mio. € schreiben. Die magische 5%-Grenze beim Rücklagenverzehr wird in keinem der nächsten vier
Jahre überschritten. Wenn ich bedenke, dass wir vor Monaten bei über 55 Mio. € Verlust gestartet sind, so könnte ich hier eigentlich mit Stolz geschwellter Brust
stehen. Doch das Lob für diesen Erfolg gilt den Menschen und der Wirtschaft in Aachen. Die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sichern der Stadt erhebliche Einnahmen. Die Grundsteuererhöhung im Vorjahr und die Übernachtungsabgabe in diesem Jahr tragen ihren Teil bei.
An dieser Stelle gilt mein Dank den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, die unserer Argumentation gefolgt sind und mit uns auf eine Anpassung des Hebesatzes zur Gewerbesteuer verzichtet haben. Mit über 180 Mio. € Einnahmen aus der Gewerbesteuer ist es Aachen gelungen, im Jahr 2011 keine neuen Kassenkredite aufzunehmen. In den Zeiten der "guten, alten Kameralistik" hätte das bedeutet: "Der Haushalt ist ausgeglichen!"
Danke
Quell der Zahlen, die heute vorliegen, ist die Kämmerei mit Martin Mayer. Gestalter der Lösungen sind unsere Kämmerin Annkathrin Grehling und der
Oberbürgermeister. Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Leitungen von Dezernaten, Fachbereichen, Ämtern, Eigenbetrieben und Bezirken wäre der Haushaltsentwurf nicht gelungen. Allen unseren ausdrücklichen Dank für den nimmermüden Einsatz. Dazu noch einmal Rousseau: "Sobald einer über die Angelegenheiten der Stadt sagt "Was geht's mich an?", muss man damit rechnen, dass die Stadt verloren ist." Der Rat der Stadt Aachen weiß, dass die Stadt mit Ihnen gewinnt.