Mittwoch, 30. Januar 2013
Haushaltsrede 2013
Haushaltsrede
Harald Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion
(Es gilt das gesprochene Wort)
Der Haushalt 2012 wurde letztes Jahr mit "Prinzip Hoffnung" betitelt. Heute wissen wir, die Hoffnung hat nicht getrogen. Es hat sich gelohnt, Vertrauen in unsere Stadt und in unseren Haushalt zu setzen. Heute wissen wir, dass die Erwartungen übertroffen wurden und wir in 2012 ein Ergebnis realisiert haben, dass deutlich besser ist, als bei Verabschiedung im letzten März gedacht.
Das gleiche Vertrauen verdient der vorliegende Haushalt 2013. Erneut gelingt es die 5%-Hürde beim Rücklagenverzehr nicht zu anzutasten. Da mag der Kritiker murren, der Kenner weiß, dass diese Leistung bei weitem nicht allen im Nordrhein-Westfalen gelingt. Mit dem vierten schwarz-grünen Haushalt sichern wir erneut die finanzielle Selbständigkeit der Stadt. Wir erhalten damit das wertvolle Gesellschaftsnetz in den Bereichen Kinder und Jugend, Kultur und Bildung, Soziales und Sport.
Die Haushaltswirklichkeit 2013 ist deutlich besser als die Erwartungen vor ein paar Jahren. Die finanzielle Lage ist stabil. Wir haben als Stadt im Vorjahr außergewöhnliche Belastungen geschultert. Die Entwicklung ist positiv.
Finanzausstattung der Kommunen
Dennoch ist auch 2013 eine Haushaltsrede unvollständig, wenn sie nicht eine nachhaltige verbesserte Finanzausstattung der Kommunen einfordert. Goethe kommentierte das in seinem Faust mit: "Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen."
Das Land streicht der Stadt Schlüsselzuweisungen von rd. 19 Mio. €. Damit ist die Hälfte des Defizits der Stadt vom Land verursacht. Uns ist klar, dass das der Solidarität mit den ärmeren Kommunen geschuldet ist. Diese Solidarität darf aber keine Einbahnstraße sein. Diese Solidarität darf nicht in den Nothaushalt führen.
An dieser Stelle möchte ich mich – auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion – für die hilfsbereite und fruchtbare Zusammenarbeit mit der Kämmerei und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung bedanken. Annkathrin Grehling wurde von Dritten im letzten Jahr manches abverlangt. Manches wurde ihr auch zugemutet. Unbeirrt blieb sie bei Goethes Wort: "Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen." Ihr gilt für diese Arbeit unser besonderer Dank.
Demut fehlt
Es ist sicher müßig, sich über das Land zu ärgern, wenn viel größerer Ärger viel näher liegt. In Goethes Faust findet sich dazu der Vers: "Die Botschaft hör' ich wohl, allein es fehlt der Glaube"
… und schon wissen Sie, dass ich das Treiben an der Krefelder Straße meine. In einer Mischung aus Drama und Tragödie haben die Herren am Tivoli die Solidargemeinschaft mit der Stadt Aachen aufgekündigt.
Um es deutlich zu sagen: Wer mit Lug und Trug versucht der Stadt, und damit allen Aachenern, in die Tasche zu greifen, kann nicht erwarten, dass wir dem ergaunerten Geld freiwillig etwas hinterher werfen.
Der aktuelle Sportdirektor kommentierte die selbstverschuldete Pleite mit: "Das Gebot der Stunde ist Demut." Ich habe in den letzten Monaten schon vieles rund um den Tivoli gesehen und gehört – Demut fehlt.
Unverändert fehlt auch die Bereitschaft die eigenen Fehler zu bekennen. Nicht die Stadt hat ein übergroßes Stadion gebaut. Nicht die Stadt hat einen Bauauftrag für ein Parkhaus erteilt, ohne dass die Nutzung und Finanzierung geklärt war. Nicht die Stadt hat Sponsoringzusagen für die Zukunft verkauft, um aktuelle Löcher zu stopfen. Und als dieser Rat die Hand zur Hilfe und zur Umfinanzierung ausstreckte, war es nicht die Stadt, die uns alle zusammen betrogen hat.
Ich habe noch nicht gehört, dass einer an der Krefelder Straße dafür die Verantwortung übernommen hat - oder sich auch nur entschuldigt hätte. Leider verfestigt sich die Einsicht zur Gewissheit, dass deren Strategie darauf gerichtet ist, die Stadt in Kollektivhaftung zu nehmen. Das ist in den letzten 40 Jahren oft so gelaufen. Wer aber damit auch in Zukunft rechnet, kann sich schnell verrechnen.
Ich wünschte mir, dass sich Aachens größter Sportverein neu aufstellt, an Haupt und Gliedern – oder nochmals Goethe: "Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen, gewöhnlich aus dem Namen lesen."
Die Leistungen, die wir mit dem vorliegenden Haushalt 2013 erreichen, sind aber zu wertvoll, um die Debatte nur mit den "Freunden des Rasensports" zu belegen.
Kinder-Vorrang-Politik
Eine wichtige Zahl des Haushalts ist: 37%.
37% der Unterdreijährigen finden ab August einen Betreuungsplatz. Schwarz-Grün hat das unter dem Schlagwort: "Kinder-Vorrang-Politik" erreicht. Wir haben dabei in den letzten Jahren eine U3-Betreuung aufgebaut, die mit 37% nicht nur die Vorgaben von Bund und Land übertrifft. Wir haben auch eine U3-Betreuung aufgebaut, die eine hohe Qualität an Betreuung anbietet. Vielen gelingt es erst dadurch, Familie und Beruf zu vereinbaren. Weitere 14 Mio. € werden in den nächsten Jahren investiert. Die Betreuungsquote wird auf über 40% steigen.
Der Bildungsbereich hat auch durch das Mensenprogramm an den Aachener Schulen an Qualität gewonnen. Immer mehr Schülerinnen und Schüler lernen ganztags - in Qualität. Couven und St. Leonhard, die vierte Gesamtschule David-Hansemann, auch das ist Kinder-Vorrang-Politik – und zwar erfolgreiche.
Campusbahn
Genauso wichtig wie eine verbesserte Infrastruktur aus Kindertagesstätten und Schulen, Bildungs- und Betreuungsangeboten, ist eine verbesserte Infrastruktur im Nahverkehr. Unser Bussystem erreicht bereits heute an einigen Stellen seine Kapazitätsgrenzen. Mit der Campusbahn bleibt der Nahverkehr leistungsfähig.
In der CDU haben wir besonders die Themen der Kosten und der Finanzierung abgewogen. Zinsen und Tilgung für die Campusbahn addieren sich, zusammen mit den Betriebskosten, auf 4,0 - 6,5 Mio. € jährlich. Die Zahl ist stimmig, nachvollziehbar und geprüft. Der städtische Anteil an den Investitionen in Höhe von rd. 118 Mio. € ist damit vollständig bezahlt.
Die Finanzierung erfolgt über den Wegfall der Zahlung in den Fonds "Deutsche Einheit", der bisher mit jährlich 15 Mio. € im Haushalt steht und ab 2019 wegfällt. Den neuen Ausgaben von 6,5 Mio. € steht also eine Einsparung von 15 Mio. € gegenüber. Damit ist die Ausgabe gedeckt. Das heißt auch: Aachen kann sich die Campusbahn leisten! Es bleibt die Frage, ob Aachen sich die Campusbahn leisten will.
Mancher, mit dem wir in diesen Tagen sprechen, fühlt sich in der Situation, die in Goethes Faust beschrieben ist mit: "Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust!"
Auf der einen Seite die unbestrittene Chance auf die Stärkung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Aachen, ein wichtiger Innovationsschub und der Aufbau eines Rückgrats für die Elektromobilität. Auf der anderen Seite die Angst, einen Fehler machen zu können, und Bewegungslosigkeit.
Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, wer sich informiert, begreift die Vorteile und erkennt: Wer nichts tut, löst keine Probleme. Wer sich informiert, stimmt für die Campusbahn.
Mancher in der Bürgerschaft mag noch unsicher sein, wie die Campusbahn zu bewerten ist. Mancher wägt noch die Argumente. Wir wollen nicht aus Angst vor Veränderungen dem Stillstand verfallen. Wir nutzen die Chance, die sich uns heute bietet – für die Zukunft unserer Stadt und der Menschen, die hier leben.
Zukunft unserer Stadt
Die Zukunft unserer Stadt und der Menschen, die hier leben. Das ist für uns Christdemokraten Motivation und Ziel, gleichzeitig Verantwortung wie auch Verpflichtung.
Wir erkennen, dass trotz einzelner Rückschläge die wirtschaftliche Entwicklung unserer Vaterstadt positiv ist. Wir erkennen, dass auch in schweren Seiten, der Erhalt des Gesellschaftsnetzes in den Bereichen Kinder und Jugend, Kultur und Bildung, Soziales und Sport notwendig ist. Wir erkennen, dass wir damit die Grundlage schaffen, damit ein sinnerfülltes Leben der Menschen in dieser Stadt möglich ist.
Goethe fasst das in seinem Faust geradezu christdemokratisch zusammen: "Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein".
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